Welche Schmerzmittel werden unter der Geburt regulär verwendet?

Es gibt unterschiedliche Arten von Schmerzmitteln, die unter der Geburt verwendet werden. Alle haben eine Wirkung auf die Geburt, auf die Gebärende und auf das Baby. Es gibt folgende typische Schmerzmittel:

  • PDA

  • Spinalanästhesie

  • Pudendusblockade

  • Opiode

  • Lachgas

  • weitere Schmerzmittel

Die PDA werde ich hier nicht weiter behandeln, da es dazu einen eigenen Artikel geben wird.

Spinalanästhesie und Pudendusblockade

Die Spinalanästhesie funktioniert ähnlich wie eine PDA, wobei die Narkosemittel noch näher am Rückenmark gespritzt werden im Hirnwasserraum. Die gesamte untere Körperhälfte wird betäubt. Sie wirkt schneller als eine PDA. Sie wird oft eingesetzt, wenn es für eine PDA zu spät ist.

Auch die kombinierte Gabe von PDA und Spinalanästhesie ist möglich, führt zu einer schneller Wirkung, aber auch eher zu Juckreiz

Bei der Pudendusblockade wird ein Betäubungsmittel in das Gewebe im Bereich der Scheide und des Damms gespritzt. Dies wird aber meist nur dann gemacht, wenn die Geburt nicht vorankommt und mithilfe einer Saugglocke oder Geburtszange entbunden werden muss. [J. Windeler, 2021 b]

Schmerzlindernde Mittel können direkt ins Blut gespritzt werden oder auch über den Atem gegeben werden. Diese wirken im gesamten Organismus der Frau, nicht nur im Unterleib. Der Vorteil ist, dass kein Katheter gelegt werden muss. Schmerzmittel wirken aber weniger zuverlässig, manche haben auch mehr Nebenwirkungen. [J. Windeler, 2021 b]

Opioide Schmerzmittel

Opioide enthalten Schmerzmittel wie Pethidin und Diamorphin, aber auch Morphin, Meptazinol, Fentanyl und Remifenatnil. Sie wirken immer auf ähnliche Weise [OAA, 2008]:

  • Opioide werden gewöhnlich von der Hebamme durch intramuskuläre Injektion in Arm oder Bein verabreicht.

  • Die schmerzlindernde Wirkung ist oft begrenzt. Sie beginnt nach ungefähr einer halben Stunde und kann ein paar Stunden anhalten.

  • Die Wirkung ist geringer als die von Entonox.

  • Obwohl die Schmerzlinderung begrenzt sein kann, sagen einige Frauen, dass sie entspannter und weniger besorgt über den Schmerz sind

  • Andere Frauen sind von der schmerzlindernden Wirkung der Opioide enttäuscht und erklären, sie fühlten sich in der Fähigkeit zur Beherrschung des Geschehens eingeschränkt.

Sie lindern die Schmerzen nicht so sehr wie eine PDA, können manchen Frauen aber helfen. Studien zeigen allerdings, dass bis zu zwei Drittel der Frauen, die Opioide erhalten, ein oder zwei Stunden danach noch mittelstarke oder starke Schmerzen haben. Nebenwirkungen können Blutdruckabfall, Übelkeit, Erbrechen und Benommenheit sein. Je höher die Dosis ist, desto eher treten Nebenwirkungen auf. Außerdem können Opioide die Atmung des Babys beeinträchtigen. Dagegen bekommt es dann Morphinantagonist. Morphinantagonisten schwächen aber nicht nur die Nebenwirkungen, sondern auch die schmerzlindernde Wirkung der Opioide ab. [J. Windeler, 2021 b]

Nebenwirkungen der Opioide können sein:

  • Blutdruckabfall, Übelkeit, Erbrechen und Benommenheit

  • Je höher die Dosis, desto eher treten Nebenwirkungen auf

  • Baby wird schläfrig

  • Ihre Atmung kann verlangsamt werden. Sollte dies der Fall sein, wird Ihnen nötigenfalls Sauerstoff mit einer Gesichtsmaske verabreicht und der Sauerstoffgehalt Ihres Blutes überwacht.

  • Wirkung auf Atmung des Babys → Morphinantagonist wird gespritzt

Auch die Gabe über die Vene ist möglich. Das nennt sich Patienten-kontrollierte Analgesie (PCA) – dabei kann die Patientin sich selbst kleine Einheiten von Opioiden geben. Wenn die PCA über einen längeren Zeitraum angewendet wird, können sich Opioide im Kreislauf ansammeln und erst recht zu Nebenwirkungen führen. Das Mittel Remifentanil wird von Ihrem Körper sehr schnell abgebaut, sodass die Wirkung jeder Verabreichung nur von kurzer Dauer ist. Dieses Opioid hat eine stark schmerzstillende Wirkung, verlangsamt aber auch eher Ihre Atmung, die daher engmaschig kontrolliert werden muss. [OAA, 2008]

Lachgas als Schmerzmittel

Schmerzmittel durch eine Maske einzuatmen (zu inhalieren), war früher eine beliebte und häufig eingesetzte Methode. Zur Schmerzbehandlung während der Geburt wurde im Allgemeinen Lachgas (Distickstoffmonoxid) eingesetzt. Heute wird es kaum noch verwendet, weil es die Schmerzen nicht so verlässlich stillt wie andere Mittel. Es hat allerdings den Vorteil, dass eine Frau selbst kontrollieren kann, wie viel sie einatmet. Die Wirkung tritt rasch ein, klingt aber auch schnell wieder ab. Es kann Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und Schwindel auslösen. Nebenwirkungen für das Baby sind bislang nicht bekannt, aber auch noch nicht abschließend erforscht. Heute wird Entonox verwendet (50% Stickoxydul und 50% Sauerstoff).

  • Das Einatmen des Gemisches erfolgt durch eine Maske oder Mundstück.

  • Die Wirkung setzt schnell ein und klingt nach Minuten ab.

  • Es kann ein Benommenheitsgefühl oder kurzzeitige Übelkeit auslösen.

  • Es schadet Ihrem Baby nicht und versorgt Sie mit zusätzlichem Sauerstoff, was für Sie und Ihr Baby von Nutzen sein kann.

  • Der Schmerz wird nicht komplett verschwinden, aber möglicherweise verringert.

  • Entonox kann jederzeit während der Wehen und der Geburt verwendet werden.

Sie können zwar die Aufnahme der Entonoxmenge selbst kontrollieren. Die beste Wirkung aber erzielen Sie nur durch das Einatmen zum richtigen Zeitpunkt. Sie sollten mit dem Einatmen von Entonox beginnen, sobald Sie den Beginn einer Wehe wahrnehmen. Dies erlaubt es Ihnen, die volle schmerzlindernde Wirkung zum Zeitpunkt der stärksten Schmerzen zu erzielen. Sie sollten Entonox nicht zwischen den Wehen oder ohne Unterbrechung anwenden, da sonst Schwindel und Kribbelgefühle auftreten. In einigen Krankenhäusern werden dem Entonox noch andere Substanzen beigefügt, um die Wirksamkeit zu steigern, was zu Schläfrigkeit führen kann. [OAA, 2008] Nach Angaben des Herstellers [Fachinfo Entonox Gas] sind folgende Nebenwirkungen auch möglich:

Häufig: Übelkeit und Erbrechen. Schwindelgefühl, Benommenheit, sensorische Wahrnehmungsänderungen, Psychiatrische Erkrankungen: Abhängigkeit.

Gelegentlich: starke Sedierung. Generalisierte Krampfanfälle

 

Weitere Schmerzmittel

Andere Medikamente wie Paracetamol, nicht steroidale Antirheumatika oder Beruhigungsmittel werden bei der Behandlung von Geburtsschmerzen kaum verwendet. Sie sind im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten nicht sehr wirksam.

Nebenwirkungen der Schmerzmittel auf die Frau und das Kind?

Die Nebenwirkungen sind sehr unterschiedlich. Oben in der Übersicht der Mittel sind die spezifischen Nebenwirkungen aufgeführt.

  • Oft ist die Rede von Auswirkungen auf die Atmung der Frau und die des Babys.

  • Schläfrigkeit, Benommenheit

  • Juckreiz

  • Übelkeit & Erbrechen

  • Schwindelgefühl

  • Krampfanfälle

Auswahl an bekannten Alternativen zu Schmerzmitteln und deren Funktionsweise

Es gibt eine Vielzahl von nicht-medikamentösen schmerzlindernden Mitteln. Hier nenne ich einige. Manche davon sind in Studien beschrieben, bei anderen gibt es noch keine Studien, dass sie wirklich helfen. [J. Windeler, 2021]:

  • Die Körperposition wechseln – zum Beispiel aufrecht sitzen statt liegen –, um herauszufinden, welche Position am angenehmsten ist.

  • Umhergehen, wenn dies möglich ist. Gehen und Bewegen können helfen, die Schmerzen etwas zu dämpfen und den Ablauf der Geburt zu erleichtern, vielleicht auch zu beschleunigen.

  • Kalte oder warme Packungen ausprobieren. Dies kann Schmerzen lindern – gerade auch Rückenbeschwerden, die oft mit Geburtsschmerzen einhergehen.

  • Ruhig und bewusst atmen oder versuchen, zu hecheln.

Alternativen sind auch [J. Windeler, 2021]:

  • Entspannungstechniken & Yoga, progressive Muskelrelation

  • Baden kann dazu beitragen weniger oder auch keine Schmerzmittel zu benötigen; Nur wenige Studien haben sich mit den Vorteilen und Risiken der Verwendung eines Wasserbades zur Geburt beschäftigt. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass die Wehen im Wasserbecken als weniger schmerzhaft empfunden werden und die Wahrscheinlichkeit sinkt, eine Periduralanästhesie (epidural) zur Schmerzlinderung zu benötigen [OAA, 2008]

  • Massagen

  • bestimmte Übungen mit Gymnastikball

  • Akupunktur – Bei der Akupunktur werden an bestimmten Körperpunkten Nadeln gesetzt, um Schmerzen zu lindern. Der Akupunkteur muss während der Wehen anwesend sein.

  • Hypnose, auch Selbsthypnose – Einige Studien deuten darauf hin, dass Frauen bei Anwendung dieser Therapien sich in der Lage fühlen, ihre Wehen kontrollieren zu können. Dies führt zu verringertem Schmerzmittelbedarf [OAA, 2008]

  • transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) – durch leichte elektronische Stromimpulse ist es möglich die Schmerzsignale zu überdecken und so zu schwächen

  • Biofeedback

  • Aromatherapie

  • Reflexologie – basiert auf dem Konzept, dass bestimmte Punkte auf Händen und Füßen mit anderen Bereichen des Körpers in Beziehung stehen. Wir wissen nicht, wie sie wirkt, aber möglicherweise wirkt sie ähnlich wie die Akupunktur

Zusammenfassung

Schmerz ist ein essentieller Teil der Geburt und gehört maßgeblich zu dem Prozess der Geburt [V. Schmid, 1998]. Daher sollte überlegt werden, ob in Zukunft nicht deutlich sensibler und zurückhaltender mit dem Thema Schmerzmittel unter der Geburt umgegangen wird und stattdessen eher Frauen schon in der Schwangerschaft geholfen wird, sich und ihrem Körper zu vertrauen und entsprechende Übungen zu erlernen. Auch sollten in der Schwangerschaft schon bestehende Ängste und alte familiäre Faktoren bearbeitet werden, damit sie unter der Geburt nicht zu Problemen führen.

Eine Schmerzmittelgabe sollte die Ausnahme bleiben, da Schmerzmittel die natürliche Hormonausschüttung reduziert und so die natürliche Schmerztoleranz nicht erhöht. Ein Durcheinanderbringen der Hormone unter der Geburt kann zu Geburtsstillständen und Komplikationen führen. Auch das Risiko von postpartalen Depressionen könnte durch die fehlenden Hormone begünstigt werden, genauso wie bei einem Kaiserschnitt.

Auch die Auswirkungen von Schmerzmitteln auf das Baby sind noch nicht ausreichend untersucht.

Quellen

[M. Stauber, 1979] Manfred Stauber, Psychosomatische Aspekte in der Geburtshilfe; Berlin, 1979, Deutsches Ärzteblatt

[J. Windeler, 2021 a] Prof. Dr. med. Jürgen Windeler; Mit Geburtsschmerzen umgehen Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 2021, https://www.gesundheitsinformation.de/mit-geburtsschmerzen-umgehen.html

[J. Windeler, 2021 b] Prof. Dr. med. Jürgen Windeler, Periduralanästhesie (PDA) und Schmerzmittel zur Linderung von Geburtsschmerzen; Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 2021, URL: https://www.gesundheitsinformation.de/periduralanaesthesie-pda-und-schmerzmittel-zur-linderung-von-geburtsschmerzen.html

[C. Ahrendt, 2010] Cordula Ahrendt; Beratungsleitfaden zum Thema Geburtsschmerz; Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, 2010

[V. Schmid, 1998] Verena Schmid; Geburtsschmerz, 1998, URL: www.hebammenzentrum.at/geburtsschmerz1

[M. Odent 2016] Michel Odent, Geburt und Stillen, C.H.Beck, 2016

[M. Ilska, et al, 2020] Ilska M, Banas E, Gregor K, Brandt-Salmeri A, Ilski A, Cnota W: Vaginal delivery or caesarean section – Severity of early symptoms of postpartum depression and assessment of pain in Polish women in the early puerperium. Midwifery 2020. 87, 102731. doi: https://doi.org/10.1016/j.midw.2020.102731 · DHZ

[OAA, 2008] Möglichkeiten der Schmerzlinderung vor und bei der Geburt Ihres Kindes; Obstetric Anaesthetists ́ Association 2008 URL: https://www.oaa-anaes.ac.uk/assets/_managed/editor/File/Info%20for%20Mothers/PR_leaflets/3ed_pr_german.pdf

[Fachinfo Entonox Gas] Fachinfo Entonox Gas, URL: https://compendium.ch/product/1168386-entonox-inhal-gas/mpro

Begriffserklärungen:

Nozirezeptor ist eine freie sensorische Nervenendigung, die bei einer drohenden oder erfolgten Gewebeschädigung (durch thermische, chemische oder mechanische Noxen) elektrische Signale (Aktionspotentiale) generiert.